Mai 21, 2021

Der härteste Job der Welt?!

Leben als Vertriebscontrollerin in einem internationalen Konzern

Ich meine, ich bin Vertriebscontrollerin… als Kuwine! Das ist schon eine Herausforderung gewesen. Als ich nach meinem Kuwi-Diplom 2002 bei der Deutschen Telekom anfing, hatte ich nach der ersten Dot-Com-Krise Glück, über ein Praktikum einen echten Kuwi-Job zu bekommen: Executive Assistant bei T-Mobile International, wo ich meinen Chef dabei unterstützt habe, die Vertriebsgeschäftsführer der europäischen Landesgesellschaften zu einem internationalen Team zusammen zu führen. Viele Länder, viele Reisen, interkulturelle Kommunikation, coole Events… ein Traum! Und gleichzeitig eine Chance, mich nach dem KuWi in eine weitere Disziplin einzuarbeiten: Vertriebssteuerung. Ich hatte mich in der Assistenz-Rolle mit dem Thema angefreundet und dann in die Linie gewechselt, wie man im Konzern sagt. Schnell wurde ich zur Expertin, bekam viel Verantwortung, eine Projektleitung, Teamleitung, Head-of-Position… Ich war neugierig, ehrgeizig und es hat Spaß gemacht. Ich konnte über die Jahre dort meine Kompetenzen immer erweitern: zu Mobilfunk kam Festnetz, aus Privatkunden wurden Geschäftskunden und Systemgeschäft.

Gleichzeitig war es herausfordernd. Mit den Zahlen, Excel und zahlreichen anderen Analyse- und Reporting-Tools konnte ich mich schnell anfreunden, aber im Kern geht es in der Vertriebssteuerung nicht nur um Zahlen, sondern darum, wie ich die Mitarbeiter im Vertrieb steuere. Sie müssen dafür sorgen, dass das Unternehmen die Ziele erreicht, wächst, effizienter wird, den Umsatz steigert. Wie schafft man das?

Wie organisiert man die Zusammenarbeit von Menschen?

Diese Frage ist für mich das Spannende: Wie erreicht man, dass Menschen gut zusammenarbeiten, dass Teams zu Hochleistungsteams werden, dass Vertriebler im Unternehmenssinne handeln anstatt ihre eigenen Boni und Provisionen zu optimieren? Ich hatte immer das Gefühl, das läuft eigentlich in meinem Unternehmen ziemlich gut: Viele gute ManagerInnen, state-of-the-Art-Konzepte und -Strategien, die besten Beratungen im Haus, spitzen Projektmanagement, Changemanagement… einige weitere KuWis können vielleicht auch ein Lied davon singen. Und dennoch bohrte in mir oft der Gedanke, dass der letzte Kick fehlte, um die Menschen wirklich mit ganzem Herzen mitzunehmen. So habe ich mich neben dem Fachlichen immer mehr mit den Rahmenbedingungen und soften Faktoren beschäftigt und damit, wie ich es schaffe, Mitarbeiter bzw. Menschen zueinander zu bringen, auf ein gemeinsames Ziel auszurichten, sie miteinander schwingen zu lassen.

Am Ende blieb für mich die Erkenntnis, dass eine Veränderung oder die Umsetzung einer Idee letztlich in jedem einzelnen Menschen stattfinden muss, wenn sie wirklich passieren soll. Und dieser Aspekt ist mir in meinem beruflichen Alltag im Konzern prinzipiell zu kurz gekommen. Dafür gab es zu wenig Raum, obwohl organisaorisch und kulturell so viel richtig gut und professionell war. Deswegen habe ich angefangen, mich mit Persönlichkeitsentwicklung und Business Coaching zu beschäftigen und mir diesbezüglich eine Expertise aufzubauen.

… und dann noch die Familie!

Nebenbei habe ich drei Kinder bekommen… Beim ersten Kind fiel mir die Umstellung auf eine ganz andere Art und Weise schwer, als ich gedacht hatte: Analytische Fähigkeiten, logisches Denken, die Souveränität, die ich mir im Job aufgebaut hatte… schienen plötzlich nichts mehr Wert zu sein. Ich hatte das Gefühl, ich starte wieder bei Null. In der Gemeinschaft mit einem Säugling waren so ganz andere Eigenschaften und Fähigkeiten gefragt. Nicht, dass ich die nicht hatte, aber ich hatte das Gefühl, ich müsste erstmal wieder Zugang zu ihnen bekommen. Ohne Worte kommunizieren, auf das Bauchgefühl hören, einfach nur da sein und mit dem Kind empathisch sein… das fiel mir schwer. Ich suchte nach Taktiken, Strategien, Ratschlägen, die zwar hier und da weiterhalfen, aber die Grundstimmung nicht änderten.

So befand ich mich in einem Spagat, der gar nicht der übliche Work-Life- oder Familie-Beruf-Spagat war, wie ich ihn mir vorgestellt hatte, sondern zu einem inneren Hin-und-Her meiner Persönlichkeitsbestandteile wurde. Auf der einen Seite die kontrollierte Analytikerin mit leichtem Perfektionismus … auf der anderen der intuitive Mensch hinter den Rollen, die ich in den Jahren zuvor angenommen hatte. Die plötzlich wiedererwachende Unsicherheit und Verletzlichkeit, die eigene Kinderstimme, die sich wieder zurückmeldete, die eigene Mutter, die auf einmal aus mir sprach… das empfand ich viel schwieriger als das Zeitmanagement zwischen Beruf und Kindern.

So habe ich nach und nach für mich erkannt, dass es selten Kompetenzen, Konflikte, Umstände im Hier und Jetzt sind, die uns von Veränderung abhalten… Es sind meistens unsere inneren alten Themen. Bilder, die wir uns über Jahre angewöhnt habe, von der Wirklichkeit zu haben, deren Wahrheit wir gar nicht mehr überprüfen. Bilder, die vielleicht einmal wahr schienen zu einem Zeitpunkt X in einer Situation Y, die jetzt aber kontraproduktiv auf unsere aktuellen Herausforderungen wirken. Die plötzlich nicht mehr hilfreich und dienlich sind, sondern uns blockieren. So kann beispielsweise ein „ich bin schlecht in Mathe“ einen Menschen lebenslang begleiten… obwohl sie schon lange Vertriebscontroller ist. Oder die Einstellung der Eltern zu Geld („Geld verdirbt den Charakter“) zieht sich so durchs Leben, und man wundert sich, warum man finanziell auf keinen grünen Zweig kommt. Ein uraltes „Du schaffst das schon“ hält uns selbst in schwersten Krisen davon ab, uns rechtzeitig Hilfe zu suchen.

Die Transformation

In der Ausbildung zum Business Coach habe ich meinen Weg gefunden, mit Menschen direkt an diesen Themen zu arbeiten. Zuerst mit mir selbst. <img role=“ /> Besonders beeindruckt hat mich aber, dass viele Menschen, auch erfolgreiche, hohe Führungskräfte, Politiker, souverän wirkende, extrovertierte Menschen, mit Herausforderungen zu tun haben, deren Lösung sie im Kern nur in ihrer Kindheit oder Jugend finden können. Jetzt ist es ziemlich mühsam, sich mit diesen Dingen zu beschäftigen, nachdem man sie sich jahrzehntelang angewöhnt hat, noch dazu, wenn sie in einem Moment hochpoppen, in dem ich sie gerade gar nicht gebrauchen kann. Aber intensive Arbeit daran so viel verändern und immer wieder überraschende neue Möglichkeiten eröffnen. Ich begleite Menschen gerne dabei, und es ist ein unglaubliches Gefühl für Coach und Coachee, wenn dadurch eine positive Veränderung erreicht wird.

Und gleichzeitig meldete sich in dieser Phase auch die Optimiererin in mir und überzeugte mich schnell, dass es vielleicht noch sinnvoller sei, Kinder von Anfang an zu trainieren, damit sie ihre Gedanken, Gefühle, Vorstellungen von der Welt so zu managen lernen, dass sie ihnen dienlich sind. Kinder zu begleiten, damit sie gewichtige Ereignisse direkt richtig verarbeiten können, ohne sie bis ins hohe Alter mitzuschleppen: Kinder- und Jugend-Coaching und Resilienz-Trainings für Kinder.

Und noch einen Schritt weiter… Ist es nicht am sinnvollsten, Eltern zu unterstützen, sogar vielleicht schon auf ihrem Weg in die Elternschaft, damit sie für sich erwachsen werden, bevor sie selbst Eltern werden? Denn darum geht es im Grunde: Erwachsen zu werden und in die volle Verantwortung für das eigene Leben zu gehen. Eltern, die mit sich im Reinen sind, die souverän und empathisch mit Menschen in Beziehung treten, können ihre Kinder in ihrem Selbstbewusstsein und ihrer Selbstsicherheit unterstützen.
Jetzt stärke ich vor allem Mütter, damit sie ihre Kindern stark in ihr Leben führen können.

Wie wird man zu einer „Führungs“-Persönlichkeit?

Mutter zu sein, auch Vater, ist im Prinzip auch eine Führungsrolle, im sehr aktuellen Verständnis: kein Befehlshaber und Entscheider, sondern eher ein „Servant Leader“. Und kein moderner und guter CEO, übrigens auch kein Spitzensportler oder Politiker, kommt heute ohne individuelle Begleitung in Form von z.B. Coaching im Job zu seinen Erfolgen. Auch wenn das immer noch nicht überall bekannt ist.

Aber wir Mütter lassen uns immer noch einreden, dass wir das schon hinkriegen, so ganz einfach nebenbei. Intuitiv, weil es ja das Natürlichste der Welt ist…

Doch so ist es nach meiner Überzeugung nicht! Durch die Elternschaft werden viele unserer gelernten Denk- und Handlungs-Strukturen komplett auf den Kopf gestellt. Wir dürfen „unser Mindset“ verändern, wenn wir Eltern werden. Wir sind gut beraten, die Barrieren der Vernunft, die wir um uns errichtet haben, den Fokus auf die Außenwelt, auf Fremdmeinungen, auf Strömungen in der Gesellschaft etc. wieder einzufangen oder abzubauen. Denn wir müssen an unsere „ganz natürlichen“ Kompetenzen anknüpfen, die wir besonders als Mütter brauchen, um unser Kind „artgerecht“ zu begleiten. Dafür lohnt es sich definitiv Energie zu investieren…

…. und letztlich dadurch auch die Welt ein Stück zu verbessern!

Wir wissen heute weniger denn je zuvor, was unsere Kinder in ihrer Zukunft für eine Welt vorfinden werden. Ich will nicht schnulzig werden, aber Klimawandel, technologischer Fortschritt, Spaltung der Gesellschaft, Meinungsblasen, Populismus… und das ist nur das uns schon Bekannte! Unsere Kinder brauchen in dieser „VUCA“ Außenwelt mehr denn je eine starke innere Orientierung. Denn die Ausrichtung am Außen wird schwieriger, wo scheinbar alles erlaubt und alles möglich ist. Die Orientierung der Zukunft wird in der Selbstführung liegen. Daher ist das entscheidende, das wir unseren Kindern für ihre und letztlich auch unsere Zukunft beibringen können „Flexibilität im Denken, Frustrationstoleranz, Problemlösungsfähigkeit und Einfühlungsvermögen“ (Philippa Perry) und einen guten inneren Kompass. Und das Kindern mitzugeben, war, wie Virginia Satir, eine Vorreiterin der Familien-Therapie, schon in den Achzigern in einem ihrer Klassiker schrieb, „die härteste Aufgabe der Welt“. Mutter sein, ist der schwerste Job der Welt.

Daher coache ich (werdende) Mütter, damit sie sicher & entspannt in diese Aufgabe und in IHRE Mutter-Rolle wachsen!

Astrid Meinberg, Coach für Eltern, Kinder, Familien

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